Rezensionen

Rezensionen von Nicole Koppandi

Autor: Piketty, Thomas

Ein Lesegenuss auch für klassische Romanleser*innen, den man sich als aufgeklärter Mensch nicht entgehen lassen sollte. - 5 Sterne

Romane erzählen Geschichten, die uns emotional bewegen. Fachbücher analysieren Probleme im Kleinen und Großen. Und dann gibt es Werke, die in epochaler Weise beides in sich vereinen und die Menschheit bewegen und enormes „globales“ Veränderungs- und Gestaltungspotential haben. Da fällt mir die Bibel ein, aber auch das Werk von Karl Marx, gleichviel ob bzw wie religiös oder politisch der Einzelne denkt oder ist.
Die voluminösen Piketty-Bände über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ und „Kapital und Ideologie“ habe ich zwar zur Hand genommen, aber bald wieder zur Seite gelegt, weil ich sie als für mich als zu technisch-wissenschaftlich wahrgenommen habe.
„Eine kurze Geschichte der Gleichheit“, zwar über 250 Seiten lang, konnte ich nicht anders als verschlingen. Da wird eine große Erzählung geliefert, die ergreift und im positivsten Sinn romanhaften Charakter hat, weil sie menschliche Schicksale und Nöte, Chancen und Ungerechtigkeiten in anschaulicher Weise greifbar macht. Das wirtschaftswissenschaftliche „Beiwerk“ ist verständlich und seriös mitverpackt, wodurch diese große Erzählung nichts an Spannung verliert. Ganz im Gegenteil. Was in China schlecht, aber auch gut läuft, welche wirtschaftlichen Aufschwung Europa nach und trotz, ja teilweise wegen den beiden Weltkriegen 1920 bis 1980 genommen hat und wie es geht, dass seither wieder die Reichen reicher und die Armen ärmer werden --- als das liest sich wie eine fundierte, immer wieder gut belegte Geschichte der Menschen dieser Welt und der partizipativen, egalitären, ökologischen und kulturellen Möglichkeiten, die uns allen global offenstehen, wenn wir mehr Gleichheit in unserer Welt zulassen.
Ein Lesegenuss auch für klassische Romanleser*innen, den man sich als aufgeklärter Mensch nicht entgehen lassen sollte.

Übersetzung aus dem Französischen: Stefan Lorenzer
Autor: Caminito, Giulia

Eine kraftvolle Erzählung - 5 Sterne

Romane erzählen Geschichten, die uns emotional bewegen. Fachbücher analysieren Probleme im Kleinen und Großen. Und dann gibt es Werke, die in epochaler Weise beides in sich vereinen und die Menschheit bewegen und enormes „globales“ Veränderungs- und Gestaltungspotential haben. Da fällt mir die Bibel ein, aber auch das Werk von Karl Marx, gleichviel ob bzw wie religiös oder politisch der Einzelne denkt oder ist.
Die voluminösen Piketty-Bände über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ und „Kapital und Ideologie“ habe ich zwar zur Hand genommen, aber bald wieder zur Seite gelegt, weil ich sie als für mich als zu technisch-wissenschaftlich wahrgenommen habe.
„Eine kurze Geschichte der Gleichheit“, zwar über 250 Seiten lang, konnte ich nicht anders als verschlingen. Da wird eine große Erzählung geliefert, die ergreift und im positivsten Sinn romanhaften Charakter hat, weil sie menschliche Schicksale und Nöte, Chancen und Ungerechtigkeiten in anschaulicher Weise greifbar macht. Das wirtschaftswissenschaftliche „Beiwerk“ ist verständlich und seriös mitverpackt, wodurch diese große Erzählung nichts an Spannung verliert. Ganz im Gegenteil. Was in China schlecht, aber auch gut läuft, welche wirtschaftlichen Aufschwung Europa nach und trotz, ja teilweise wegen den beiden Weltkriegen 1920 bis 1980 genommen hat und wie es geht, dass seither wieder die Reichen reicher und die Armen ärmer werden --- als das liest sich wie eine fundierte, immer wieder gut belegte Geschichte der Menschen dieser Welt und der partizipativen, egalitären, ökologischen und kulturellen Möglichkeiten, die uns allen global offenstehen, wenn wir mehr Gleichheit in unserer Welt zulassen.
Ein Lesegenuss auch für klassische Romanleser*innen, dem man sich als aufgeklärter Mensch nicht entgehen lassen sollte.


Übersetzung aus dem Französischen: Stefan Lorenzer
Autor: Eeva-Liisa Manner

...wie ein Märchen... - 5 Sterne

Eine kleine Stadt in Finnland, in den 1940er Jahren.
Die neunjährige Leena ist verwaist und wächst bei ihrer Großmutter auf. Ihre Mutter ist unmittelbar nach ihrer Geburt gestorben, der Vater ein Trinker, der sich davon gemacht hat. Die Großmutter hatte in ihrem Leben viele Tote zu beklagen, so dass sie wenig Einfühlungsvermögen für das kleine Mädchen übrig hat.

Leena ist von einer großen Trauer erfüllt und fühlt sich von der Welt unverstanden. Besonders die Lehrerin setzt ihr immer wieder zu. Sie verliert sich in Träume und Gedanken und schützt sich so in ihrer tristen Realität.

Bei einem Spaziergang kommt sie an einer katholische Kirche vorbei und hört Orgelmusik von Bach, von der sie ganz fasziniert ist. Die Nonne und der blinde Pfarrer lassen sich auf ein tiefes Gespräch mit der Kleinen ein.

Ein melancholischer, trauriger Roman, in wunderschöner poetischer Sprache. Eine Erzälung, in die man sich so richtig reinfallen und davon tragen lassen kann. Uneingeschränkte Empfehlung.
Autor: Karen Duve

Was für eine herrliche Zeitreise - 5 Sterne

Schon der letzte Roman von Karen Duve „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ konnte mich sehr begeistern. Ihre neueste Erzählung über die Kaiserin Sisi von Österreich hat mein Herz aber so richtig höher schlagen lassen.

Karen Duves Bild der Sisi ist ein kompletter Kontrast zu den Marischka Filmen mit Romy Schneider. Sisi ist aber hier auch schon einiges älter. Sie hat mit dem Alter zu kämpfen und ist dem Habsburger Hof sowie ihrem Franz Joseph in Wien längst überdrüssig. Geblieben sind der Kaiserin mit fast 40 Jahren ihre große Leidenschaft für schnelle Pferde, wildes Reiten und riskante Jagden. Sie galt zu ihrer Zeit als die beste Reiterin der Welt.

Sisi ist auch die schönste Frau Europas und betrieb einen Schönheitskult über die Maßen. Stunden des Tages sind ihrem Aussehen gewidmet. Vor dem Reiten wird sie in ihr Kleid „eingenäht“, damit es richtig sitzt. Für die Anproben gibt es ein Holzpferd, auf dem dieser Prozess durchgeführt. Ihr bodenlanges Haar wird stundenlang gebürstet, dabei müssen weiße Handschuhe getragen werden. Und wenn sie abends schlafen geht, wird es entsprechend von der Dienerschaft drapiert, damit es richtig über das Bett auf den Boden fällt.

Sisi kann zwar mit dem Hofzeremoniell nicht viel anfangen, aber dass ihr die Menschen vor allem in ihrem unmittelbaren Umfeld zu Füßen liegen, sie über sie herrschen und bestimmen kann und ihr ständig bestätigt wird, wie vollkommen sie ist, damit kann sie viel anfangen und braucht das auch.

Schauplätze des Romans sind Landsitze in England, der Wiener Hof in der Hofburg und Schloss Schönbrunn, Schloss Gödöllö in Ungarn sowie der Stranberger See, wo Elisabeth geboren wurden. Im Roman treten viele bekannte Namen des österreichischen Adels auf, alle eng verbunden mit dem österreichischen Kaiserpaar. Es kommen auch Gerüchte, Intrigen und Geschichterln nicht kurz.

Karen Duve ist es unglaublich gut gelungen, die vielen Facetten der Kaiserin, die oftmals so widersprüchlich sind bzw. scheinen, darzustellen. Ich habe das Buch verschlungen und konnte richtig gut eintauchen in diese Sisi-Welt.
Autor: Abdulrazak Gurnah

Eine andere Flüchtlingsgeschichte - 4 Sterne

Ein alter Mann aus Sansibar landet in London, ein Flüchtling. Er gibt den Behörden gegenüber an, dass er kein Wort Englisch spricht. Bei seinem Weggang aus Afrika wurde ihm gesagt, dass dies die beste Strategie ist. Nur Asyl und Flüchtling möge er sagen. Er besitzt einen gefälschten Pass, auf einen falschen Namen ausgestellt.

Sansibar ist eine Insel im Osten von Afrika, mit Ethnien aus Indien, Arabien, Europa und Afrika, und damit eine Insel mit verschiedenen Religionen, Mythen, Aberglauben und Traditionen. Die Menschen treiben vor allem Handel, sind Kaufleute und richten ihre Reisen auf die Insel nach dem Monsun.

Unverhofft trifft der alte Mann in London auf einen Landeskollegen. Damals, in Sansibar, waren die beiden sich feindlich gegenüber eingestellt, war doch die Familie des einen für das Schicksal des anderen verantwortlich und umgekehrt. Jeder der beiden kennt nur einen Teil der Geschichte, die sich damals zugetragen hat. In London nutzen sie die Möglichkeit, ihr Unwissen und ihre Lücken zu füllen. Plötzlich stellt sich die Vergangenheit in einem anderen Licht dar.

Eine Geschichte, die einerseits faszinierend ist, andererseits Längen hat und so richtig konnte mich der Roman nicht einnehmen. Irgendwie hatte ich nach dem Lesen des Klappentextes eine andere Erwartung an die Flüchtlingsgeschichte der beiden. Also: für mich nicht so ganz überzeugend.
Autor: Despentes, Virginie

Cool, bunt, schräg - 5 Sterne

Bereits vor ein paar Jahren haben mich die Romane von Virginie Despentes begeistert. So war ich sehr neugierig auf die neu erschiene Graphic Novel und hatte zugleich die Befürchtung, dass das schief gehen könnte (wie es sonst bei Filmen passiert).

Die Geschichte des ehemaligen Plattenladenbesitzers, jetzt Obdachlosen und Lebenskünstlers Vernon Subutex ist in diesem Format unglaublich gut gelungen und adaptiert. Bunt, schräg, cool. Die ungewöhnlichen Charaktere aus dem Roman werden ausdrucksstark gezeichnet und verleihen dem Text eine geniale Visualisierung. Hervorragend werden die jeweiligen Protagonist*innen und das Milieu, aus dem sie kommen, dargestellt und ergeben insgesamt eine ganz eigene Atmosphäre.

Ein über 300 Seiten starker Comic, der mich schwer imponiert hat und nie Gefahr läuft, dem Roman nicht das Wasser reichen zu können. Ganz im Gegenteil. Wer bis jetzt die Romane noch nicht gelesen hat, sollte es mit diesem hier versuchen, sehr beeindruckend.


Übersetzung aus dem Französischen von Claudia Steinitz und Lilian Pithan.
Autor: Alexa Hennig von Lange

Eine wahrhaft berührende Geschichte - 5 Sterne

Klara, heute eine Frau von über 90 Jahren, blind und alleine lebend in einem Reihenhaus, nimmt ihre Lebenserinnerungen auf unzähligen Kassetten auf.

Siebzig Jahre zuvor, beginnend mit der Weltwirtschaftskrise von 1929, tritt Klara ihre erste Stelle als Hauswirtschaftslehrerin in einem Kinderheim in Oranienbaum an. Eines Tages wird ein jüdisches Mädchen im Heim abgegeben, die einjährige Tolla. Die schwierige finanzielle Lage erfordert es, dass Klara sich mit den Nationalsozialisten einlassen muss, damit das Heim nicht geschlossen wird. Klara fällt es schwer, die gewünschte Ideologie an die ihr anvertrauten Mädchen weiterzugeben.

Dieses Buch ist der erste Band einer Trilogie, inspiriert von der Lebensgeschichte der Großmutter der Autorin Alexa von Henning-Langes.

Ein berührender Roman, der zeigt, wie schwer es war, sich dem nationalsozialistischen Regime zu entziehen. Die authentische Darstellung der Protagonist*innen zeigt, wie sehr damals in Ausnahmesituationen abgewogen werden musste, ob man sich gegen den Nationalsozialismus auflehnte oder anpasste. Denn schließlich hing nicht nur das eigene, sondern auch das weitere Schicksal von Angehörigen und Anvertrauten davon ab. Dass hier eine wahre Geschichte in den Roman verpackt ist, macht sehr nachdenklich und zeigt, dass ein Pateieintritt das Überleben sichern konnte.

Diesen Roman hab ich in den Vorschauen gesehen und fühlte mich eigentlich gar nicht angesprochen. Weder Titel noch Cover konnten mein Interesse wecken.

Dann lag das Buch in meinen Briefkasten und ich dachte mir, na gut, ich les mal rein, wenn es schon da ist. Naja, und jetzt habe ich es innerhalb von drei Tagen gelesen und es hat mir so gut gefallen
Autor: Marcel Reich-Ranicki

Absolut lesenswert - 5 Sterne

Dieses Buch hat mich von der ersten Seite an schwer begeistert. Marcel Reich-Ranickis Biografie ist interessant, erfrischend, amüsant und berührend. Beim Lesen hatte ich ständig das Gefühl, seine Stimme im Ohr zu haben. Bereits als Kind war es sein Traum, Literaturkritiker zu werden. Oftmals musste er darum bangen, dies zu realisieren und davon leben zu können – er hatte weder eine Ausbildung und noch wurden einzelne Kritiken für Zeitungen gut bezahlt.

Der in Warschau geborene Marcel Reich-Ranicki kommt mit sieben Jahren nach Berlin und flieht nach der Matura, mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus, wieder nach Polen zurück. Er berichtet vom Alltagsleben im Warschauer Ghetto, den Transporten in Konzentrationslager und dass er im Ghetto seine Frau kennenlernte. Diese erste Hälfte der Biografie gibt einen umfassen, persönlichen Einblick in das Leben von Jüdinnen und Juden unter dem Nazi-Regime; mit welchen Ängsten die tägliche Aussortierung für den Abtransport nach Treblinka verbunden war, denn im Ghetto wussten die Jüdinnen und Juden genau, dass dieser Transport den Tod durch Vergasen bedeutete.

Nach Stationen beim polnischen Geheimdienst und der Zensurbehörde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, beschließt er, einen beruflichen Auslandstermin in Deutschland zu nützen und nicht mehr ins kommunistische Polen zurückzukehren. In Deutschland musste er wieder von Neuem beginnen, konnte aber bei der Wochenzeitung „Die Zeit“ und später bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gut Fuß fassen.

Sehr persönlich sind jene Passagen, in denen er sich immer wieder fragt (und das sein ganzes Leben lang), warum er überlebt hat.

Irgendwo habe ich gelesen, dass Marcel Reich-Ranicki seinen Verlag davor gewarnt hat, nicht zu viele Erstauflagen von diesem Buch zu drucken, sie würden sonst darauf sitzen bleiben. Millionenfach hat sich seither das Buch verkauft. Monatelang führte es die Spiegel-Bestsellerliste an. Einem breiten Publikum wurde er erst durch seine höchst pointierten und äußerst lebhaften Diskussionen und „Verrisse“ in der Fernsehsendung „Literarisches Quartett“ bekannt.

Eine absolute Empfehlung.
Autor: Kristine Bilkau

Roman mit Tiefgang - 5 Sterne

Nebenan erzählt von zwei Frauen, Julia und Astrid, die sich nur flüchtig kennen, jedoch beide Nachbarinnen einer Familie in einer Kleinstadt sind. Scheinbar ist die Familie weggezogen, weil deren Haus verlassen wirkt. Der Postkasten geht über und im Garten wuchert es. Schaut man jedoch zum Fenster rein, wirkt es, als ob sie einfach weggefahren wären, wie wenn sie auf Urlaub sind. Viele Kleinigkeiten liegen noch herum. Eine Mandarine am Tisch, mittlerweile verschimmelt, und in der Küche steht noch Geschirr.

Jede der beiden Frauen macht sich so ihre eignen Gedanken, was mit der Familie passiert sein könnte oder ob sie eh vielleicht wiederkommen, weil weder waren Möbelpacker da noch hat sich die Familie verabschiedet.

Wir begleiten die beiden Frauen in deren eigenen Leben. Julia, die mit ihrem Mann Chris erst vor kurzem hierhergezogen ist, deren sehnlichster Wunsch ein Kind ist, was aber einfach nicht klappen will. Astrid, die als praktische Ärztin arbeitet und sich Gedanken darüber macht, dass sie bald in Pension gehen möchte. Ihr ganzes Leben wohnt sie schon hier in der Kleinstadt. Ihr Mann, Andreas, der vor kurzem in den Ruhestand ging, muss sich erst im neuen Alltag zurechtfinden.

Was in der Geschichte passiert ist nichts Großes, sondern alltäglich und doch versteht es Kristine Bilkau, im Alltäglichen genau hinzuschauen und sin die Tiefe zu gehen. Genau das machen auch die Protagonistinnen und die gesamte Geschichte, mit einer feinsinnigen Sprache, zu etwas Besonderem.
Autor: Goliarda Sapienza

Genialer Roman, mit Längen gegen Ende - 4 Sterne

Modesta (die Bescheidene) wurde 1900 in Sizilien in ärmlichen Verhältnissen geboren Sie verbringt ihre Kindheit in einem Kloster, denn sie hat ihre Mutter und Schwester umgebracht. Keiner ist ihr jedoch draufgekommen. Durch Bildung, Fleiß, Ehrgeiz und einen weiteren Mord schafft sie es zur Fürstin zu werden, getrieben durch einen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Ein umfangreiches Werk, über eine selbstbewusste Frau, die sich nimmt was sie möchte und darauf pfeift, was ihre Umgebung davon hält. Modesta ist eine liebende, ehrgeizige, starke und mutige Frau, die wir im Roman durch die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts begleiten. Wir erleben mit ihr das Aufkommen der Faschisten unter Mussolini und ihre Liebesbeziehungen zu Frauen und Männern. Sie lebt unabhängig in ihrem Schloss, zieht dort das eigene und fremde Kinder auf und gibt Freundinnen und Freunde für kürzere oder längere Zeit Unterkunft, um mit ihr zu leben.

Wichtig erscheint mir auch die Entstehung des Romans: Goliarda Sapienza war in den 1960er Jahren Schauspielerin, bevor sie zum Schreiben kam. Neun Jahre hat sie an diesem Roman gearbeitet, ihren Beruf aufgegeben, sich sozial zurückgezogen. Sie landete aufgrund ihrer Armut und infolge eines kleinen Diebstahls im Gefängnis – diesen Aufenthalt hat sie im Tagebuch-Roman „Tage in Rebibbia“ niedergeschrieben. Die Veröffentlichung ihres Werkes konnte sie nicht erleben.

Die Kunst der Freude ist eine Geschichte, die ich sehr mochte, auch wenn sie gegen Ende hin Längen hatte – die erste Hälfte des Romans ist hingegen genial geschrieben.